Stabsübung der Malteser Rheinland-Pfalz: Realitätsnahe Ausbildung mit hohem Lerneffekt

Ausbildungsraum, in dem die Übung stattfindet. Die Teilnehmenden sitzen an Tischen, der Übungsleiter steht mit dem Rücken zur Kamera.
Konzentrierte Atmosphäre im Übungsraum. Fotos: Florian Jung
Mann in dunkelblauem Malteser Outfit steht an einem Plakat und erklärt
Übungsleiter Justin Weisang

Wie arbeitet eigentlich ein Führungsstab bei einer Großschadenslage? Was passiert im Hintergrund, wenn Tausende Menschen auf einem Festival feiern und plötzlich ein Notfall eintritt? Diese Fragen konnten acht Teilnehmende aus ganz Rheinland-Pfalz hautnah erleben – im Rahmen einer realitätsnahen Stabsübung der Malteser Rheinland-Pfalz.

Bereits zum zweiten Mal wurde das besondere Übungsformat unter der Leitung von Justin Weisang von den Maltesern Mainz durchgeführt – konzipiert, geplant und umgesetzt mit Unterstützung engagierter Mitglieder der Führungsunterstützungs-Einheit Mainz. Nach einem ersten Durchlauf im Frühjahr 2025 für die Gliederung Mainz und Umgebung öffnete sich die Übung nun landesweit für Teilnehmende aus ganz Rheinland-Pfalz. Dieses Mal waren die Gliederungen Frankenthal und Weilerbach vertreten.

Lernen durch Erleben

Im Zentrum der Übung steht nicht das Training eines bestehenden Stabes, wie er beispielsweise in Landkreisen vorgehalten wird. Vielmehr richtet sich das Format an Malteser, die – unabhängig von ihrer Herkunftsgliederung – die Methoden und Abläufe innerhalb eines Führungsstabs praxisnah kennenlernen möchten. Jeder Teilnehmende übernimmt im Verlauf der Übung eine konkrete Rolle innerhalb des Stabes und taucht so tief in die Prozesse, Kommunikationsstrukturen und Verantwortlichkeiten ein.

Ziel ist es, methodische und fachliche Kompetenzen im geschützten Raum zu fördern – ein Aspekt, der insbesondere für (zukünftige) Führungskräfte mit Stabsqualifikation von hoher Bedeutung ist. Denn im Ernstfall, etwa bei einer großflächigen Schadenslage wie der Flutkatastrophe im Ahrtal, kann es schnell dazu kommen, dass man in einem fremden Team unter hoher Belastung Stabsarbeit leisten muss. Diese will gelernt – und geübt – sein.

Hohe Realitätsnähe

Was die Übung besonders macht, ist ihr außergewöhnlich hoher Grad an Realitätsnähe. Schon nach kurzer Zeit fühlen sich die Teilnehmenden „mittendrin“ – samt spürbarem Stresslevel. Dies wird durch viele Elemente erreicht:

  • Die Übung basiert auf einem detailliert ausgearbeiteten Szenario rund um das fiktive „Volksverschlemmer Festival“ in Mainz – einem sanitätsdienstlich begleiteten Straßenfest mit rund 50.000 Besuchenden.
  • Zum Einsatz kommen originalgetreue Unterlagen und Einsatzdokumente, reale Ortsbezüge und professionell gestaltete Kommunikationsmittel.
  • Telefonate werden über eine abgeschottete technische Infrastruktur geführt. So können Teilnehmende z. B. die „110“ wählen und landen nicht in einer Übungsleitstelle, sondern direkt bei einem Mitglied des Gegenstabs – der sich als „Polizeirat Müller“ im Führungs- und Lagezentrum meldet. Keine Hinweise auf eine Übung, kein Sicherheitsnetz – der Adrenalinspiegel steigt.
  • Hintergrundgeräusche wie Konzertlärm, Bandansagen oder Gespräche mit der Berufsfeuerwehr und dem Veranstalter verstärken den Realitätsbezug zusätzlich.

Strukturierter Ablauf – mit Raum für Chaos

Die Übung startet um 9 Uhr mit einer kurzen theoretischen Einführung zur Stabsarbeit, gefolgt von einer Lageeinweisung und dem fiktiven Eventbriefing. Die Teilnehmenden erhalten 30 Minuten Zeit, sich zu organisieren, Rollen zu verteilen und die ersten Informationen zusammenzutragen – bewusst unter Zeitdruck und mit unvollständigen Lagebildern. Danach beginnt die Stabsarbeit.

Vier Stunden lang gilt es nun, als Team unterschiedlichste Herausforderungen zu bewältigen: medizinische Zwischenfälle, logistische Abstimmungen, Kommunikation mit Behörden, Wetterumschwünge, Personalengpässe – alles ist möglich. Das Mittagessen? Muss nebenbei laufen – ganz wie im Ernstfall.

Lernen mit Spaß und Ernst

Die Resonanz auf beide Durchgänge war durchweg positiv. Teilnehmende lobten insbesondere die Authentizität der Übung und das intensive Erleben. „Nach spätestens 20 Minuten waren alle komplett im Szenario und zeigten echten Stress“, berichtet Übungsleiter Justin Weisang. „Genau das ist der Moment, in dem Lernen am effektivsten ist – wenn Theorie und Praxis sich unter realistischen Bedingungen verbinden.“

Insgesamt sind rund 150 Stunden in die Entwicklung des Szenarios und die technische sowie inhaltliche Vorbereitung der Übung geflossen. Der Aufwand lohnt sich – das zeigen nicht nur das Feedback der Teilnehmenden, sondern auch die Qualität der Lernergebnisse.

Neuauflage geplant

Dass hinter der Übung nicht nur viel Fachwissen und Engagement, sondern auch ein gewisses Augenzwinkern steckt, verrät der Übungsleiter selbst: „Es macht schon auch ein bisschen Spaß, als Polizeirat Schmitt die Teilnehmenden am Telefon zu stressen oder mitten in der Lagebesprechung einen vermeintlich banalen Anruf durchzustellen“, schmunzelt er.

Die nächste Durchführung ist bereits in Planung. Und klar ist: Wer einmal an dieser Übung teilgenommen hat, geht mit einem neuen Verständnis für Führungsstrukturen, Entscheidungsprozesse und das Arbeiten unter Druck zurück in den Einsatz – und ins Ehrenamt.


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